Sehr geehrte Frau Stadtverordnetenvorsteherin, werte Kolleginnen und Kollegen,
da erfreulicherweise viele jüngere Kolleginnen und Kollegen seit der Kommunalwahl vom 14. März 2021 dem Hause angehören, darf ich ein wenig die Historie bemühen, denn gerade die Wahlperiode 2016 bis 2021 hatte es in Sachen Kreisfreiheit Hanau in sich. Da hatten sich die Verantwortlichen der Stadt Hanau und die des Main-Kinzig-Kreises nicht immer lieb.
Wenn Sie mit der Regionalbahn, über unseren Nordbahnhof nach Friedberg fahren, da werden Sie am Bahnhof Roßdorf das Stationsschild sehen ,,Roßdorf (Kr) Hanau“ und dies steht für Kreis Hanau und stammt sicher noch aus dem 1.4.1886, dem Beginn der Kreisfreiheit Hanau, mit dem Kreissitz in Hanau.
Sage und schreibe 88 Jahre währte dieser geschichtsträchtige und verantwortungsvolle Status, der denn zum 1.7.1974 endete und zwar durch Landtagsbeschluss, auf Betreiben des damaligen Innenministers Bielefeld (FDP) - Gesetz zur gebietlichen Neugliederung, wo dann aus rund 2000 Städten und Gemeinden 426 wurden - und aus dem Steinheimer Stadtverordneten Förster wurde dann, nach der sich anschließenden Kommunalwahl, der Hanauer Stadtverordnete Förster und es war, zumindestens für das finanziell klamme Steinheim, um milde zu formulieren, geradezu ein Segen.
Es gab gerade in diesem neuen Stadtteil viel zu investieren und auch Verbindlichkeiten zu übernehmen, zum Beispiel die Kulturhalle in Steinheim, um nur einen ,,Brocken“ zu benennen.
Natürlich war die Stadt Hanau auch, auf längere Sicht gesehen, der Gewinner, denn nunmehr hatte sie durch die bekannten Eingemeinungen 88.000 Einwohner. Es war nur eine Frage der Zeit, wann sie wieder 1886 aufleben lassen wollte. Dass es nun 51 Jahre und sechs Monate sein werden, war wohl weniger zu erwarten.
Der 1.4. musste wohl noch in den Köpfen der Visionäre gesteckt haben, denn am 20.8.2018 beschloss die Stadtverordnetenversammlung,
dass die Stadt Hanau zum 1.4.2021 die Kreisfreiheit anstrebe.Und ein Foto aus der Sondersitzung vom
29.11.2019 zeigt, dass man da auch sehr optimistisch war.
Das war aber alles ein bisschen mit heißer Nadel gestrickt, denn man kann ja die Kreisangehörigkeit nicht aufkündigen, wie ein Abonnement bei einer Lokalzeitung oder einem Handyvertrag.
Widerstand regten sich und nicht nur in der Stadt, sondern verstärkt auch im Kreis, insbesondere im Ostkreis, von dort beheimateten Kreistags- abgeordneten, deren Unmut ich, als damaliger Kreistagsabgeordneter, auch immer zu spüren bekam.
So war man seitens der Kreisspitze durch das Hanauer Konzept bestätigt, dass Synergieefekte durch die Auskreisung verloren gingen, das Gesundheitsamt zusätzlich Personalbedarf benötige, Verpflichtung für Hessenkasse und die Pensionszahlungen problematisch seien und gegebenenfalls die Auskreisung Hanaus zu Lasten der anderen 28 Städte und Gemeinden ginge.
Es wurde dann für 100.000 Euro das Prognos-Gutachten erstellt und das war, meiner Meinung nach, sehr einseitig und kritisch formuliert; sozusagen Wasser auf die Mühle der Auskreisungsgegner.
Auch Teile unserer Hanauer Bürgerschaft sah die Absicht, die Kreisfreiheit zu erlangen, kritisch und die Lokalpresse begleitete den Prozess mit höchster Aufmerksamkeit und ebenfalls nicht euphorisch.
Es bedurfte also einer möglichst breiten Mehrheit der Hanauer Ent- scheidungsträger, um der Hanauer Bevölkerung zu vermitteln, dass diese unisono die Kreisfreiheit wollen.
Aus dem Rathaus heraus wurden dann alle Fraktionsvorsitzenden und die beiden Fraktionslosen Robert Erkan und Gregor Wilkenloh gebeten zum Bürgerwochenende am
23. und 24. März 2019 in einem Beitrag Stellung zu beziehen, wobei eine Buchstabenzahl vorgegeben war und es gab keinen der das Bestreben nach Kreisfreiheit nicht unterstützte.
Offensichtlich aber doch einer - und der steht vor Ihnen. Denn seine, per Mail gelieferte Stellungnahme, ging verloren und fand dadurch keinen Eingang in die Presse und es musste bei der Leserschaft der Zeitung der Einruck entstanden sein, ,,Die Republikaner haben zu diesem epochalen Thema keine Meinung.“
Nachgehakt, wie es dazu kam, erreichte mich nachfolgende Antwort, die ich Ihnen nicht vorenthalten will.
,,Hallo Herr Förster, in der Tat waren nicht nur alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen unter sehr hohem Zeitdruck der Beilage, so dass wir darauf verzichten mussten, bei der Statement-Anfragen nachzuhaken, wenn die Antworten ausblieben. Es tut mir aufrichtig leid, dass Sie durchgerutscht sind.“
Erfreulich visionär war dagegen der Redakteur einer Lokalzeitung, der am 30. März 2019 titeln ließ: ,,
Zug Richtung Kreisfreiheit ist nicht auf- zuhalten.“ Und jetzt ist er auf der Strecke und fährt halt etwas später zum 1.1.2026 in Hanau ein. Im kritische Engagement die Kreis-FDP, mit unserem ehemaligen Stadtrat Dr. Ralf-Rainer Piesold und Kolja Saß, die feststellen, dass die Kreisfreiheit bloß symbolträchtig und teuer sei und hohe Kosten auf die Bürger zukomme - Hanauer Anzeiger vom 15.7.2022 -. Da war man noch auf allen relevanten Ebenen bei der Klärung von Detailfragen, insbesondere der finanziellen und strukturellen Aus- Wirkungen, immer begleitet von unserer Hanauer AG ,,Kreisfreiheit“, die eigens dafür gebildet wurde.
Im Kreis waren die handelnden Personen die ,,Hauptamtlichen“, mit ihren persönlichen Referenten; unterstützt von einer Arbeitsgruppe aus Amtsleiter und deren Stellvertreter für Finanz- und Rechnungswesen, Amtsleiter Rechtsamt, Abteilungsleitung Planung, Organisation und Personalentwicklung und Personalratsvorsitzender.
Ja, es gehört auch zur Ehrlichkeit, dass ich anfangs ebenfalls sehr große Bedenken hatte, wie aus meiner Kreistagsrede am 28.6.2019 deutlich wurde. Dies auch vor dem Hintergrund, weil am
29.11.2018 der Kreistag mit deutlicher Mehrheit beschlossen hatte,
Hanau nicht in die Kreisfreiheit zu entlassen.Auszug aus dieser Rede:Schon am
10.10.2005 hatte die Stadtverordnetenversammlung in Hanau, bei acht Gegenstimmen beschlossen, die Kreisfeiheit Hanaus anzustreben und dann am
11.11.2005 der Kreistag des Main-Kinzig-Kreises dies, im Gegensatz zu heute, nur zu Kenntnis nahm. Dieser erste Vorstoß in 2005 war sicher auch eine Reaktion darauf, dass der Kreissitz von Hanau nach Gelnhausen verlegt wurde.
Meine damalige Hanauer Fraktion gehörte zu diesen acht Stadtverordneten, die eine Auskreisung Hanaus sehr kritisch sahen.Kritisch auch deshalb, da ich damals als ehrenamtlicher Kreisbeigeordneter über das Zahlenmaterial verfügte, das aufzeigte, wie hoch die Aufwendungen des Kreises für Hanau waren und ich zweifelte, dass das Hanau, bei einer Kreisfreiheit, alleine schultern könnte. Diese kritische Haltung habe ich in den nachfolgenden Hanauer Haushaltsreden nie vernachlässigt und immer darauf verwiesen, dass gerade im sozialen Bereich ein großes Ungleichgewicht zwischen dem Ostkreis und der Stadt Hanau bestehe und die stetig steigenden Kosten für Landeswohlfahrtsverband, Krankenhausumlage, fast alle Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch und andere Aufgaben für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Hanau auch von den Steuerzahlern der anderen Bürgerinnen und Bürgern des Main-Kinzig-Kreises erbracht werden mussten. Dann der Sinneswandel? Ja, nicht euphorisch, gleichwohl optimistisch, alldieweil Hanau eine Entwicklung genommen hat und nehmen wird, die derzeit seinesgleichen in der Bundesrepublik sucht. Natürlich begünstigt durch viele, vorher nicht erahnenden Faktoren und einer gescheiten und zukunftsgerichteten Kommunalpolitik, die zumeist parteiübergreifend in die dafür notwendigen Beschlüsse mündeten. Und dann das einstimmige Votum von 149 Hanauer Kommunalpolitikern, bei fünf Enthaltungen, das doch überraschte und weit über die Grenzen Hanaus Beachtung fand Ich mahnte aber auch in meiner Hanauer Rede zum Thema Kreisfreiheit an, dass der zu erwartende einstimmige Beschluss am Anfang eines lan- gen Prozesses stehen wird, an dessen Ende es keine Verlierer geben darf. Das ist auch die Intention von Oberbürgermeister Claus Kaminsky und Landrat Thorsen Stolz - veröffentlicht am 26. Juni 2019 -. Landrat Stolz:
,,Wir als Main-Kinzig-Kreis und ich als Landrat werden der angestrebten Kreisfreiheit keine Steine in den Weg legen.“ Oberbürgermeister Kaminsky:
,,Die Kreisfreiheit wird weder den Main- Kinzig-Kreis noch Hanau arm machen.“Und genau da sind wir heute. Beide Gebietskörperschaften haben geliefert und den handelnden Personen ist dafür sehr zu danken und dies soll- te auch die Entscheidung des Landesgesetzgebers nicht unbeeindruckt lassen und ein überzeugendes Votum auch dort auslösen.
Zum SchlussWenn meine kleine Rede am Anfang den neuen und jungen Kolleginnen und Kollegen zugewandt war, so versuche ich jetzt mich des Sprachgebrauchs jüngerer Generationen zu bedienen und ich hoffe, Sie haben ein wenig Spaß daran.
Also.
Die ,,Challenger“ Kreisfreiheit scheint, mit etwas Verspätung, unter Dach und Fach. Darüber sind wir hier alle ,,geflasht“.
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